Vita
451 ° Fahrenheit Filmportal
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Interview
Interview in der Berner Zeitung, Reporterin Annina Hasler
https://www.bernerzeitung.ch/region/Statisten-die-lebendigen-Moebel/story/30372969
"Statisten, die lebendigen Möbel"
Rolf Waeber ist einer der über 500 Statisten, die im neuen Schweizer Film «Der grosse Kater» zu sehen sind. An der Premiere im Berner Bubenberg-Kino plauderte er aus dem
Nähkästchen eines
erfahrenen Komparsen.
Die Arbeiter entfernen die Schutzfolie vom roten Teppich. Nagelneu liegt er vor dem Eingang des Berner Bubenberg-Kinos. Rolf Waeber steht neben dem Teppich. Er traut sich kaum, einen Fuss auf diesen zu setzen. Um sechs Uhr beginnt das Blitzgewitter der Fotografen. Waeber gilt es aber nicht, denn der 54-Jährige ist «nur» Statist im neuen Schweizer Film «Der grosse Kater». Und ein Statist darf vor allem eines nicht: den Hauptdarstellern die Show stehlen. Waeber war gemeinsam mit über 500 weiteren Statisten insgesamt sechs Tage an den Dreharbeiten in Interlaken, auf der Axalp und in Bern beteiligt. Bezahlt wurde er als Statist, offiziell angeheuert war er aber als Nebendarsteller. Waeber mimt den Protokollführer des Bundespräsidenten Hürlimann (gespielt von Bruno Ganz) und begrüsst beim grossen Empfang das spanische Königspaar. Wie lange er im Film zu sehen sein wird, weiss der Informatiker vor der Premiere noch nicht. Der Auftritt im neuen Film ist für ihn einer der wichtigsten bisher. «Ein grosser Filz» Der Familienvater aus dem aargauischen Wettingen arbeitet nebenberuflich seit Jahren als Statist, Schauspieler und Model. Waeber ist ein gefragter Mann. Sein Lebenslauf berichtet von Werbespots für die Migros, die UBS oder Nespresso und von Statistenrollen bei grossen Filmen wie «Quantum of Solace» oder «The Informant». «Die Statistenszene ist ein einziger grosser Filz», sagt Waeber. Man treffe immer wieder auf dieselben Kollegen und schliesse mit der Zeit auch Freundschaften. Er sei «einfach so reingerutscht in das Ganze». In den vergangenen zehn Jahren wurde die Schauspielerei zu seiner grossen Leidenschaft. In Hobbyfilmen und Werbespots hat Waeber bereits als Hauptdarsteller mitgewirkt. «Hintergrund gestalten» Nach dem Gang über den roten Teppich ist Schluss mit Bonus für die Prominenz: An der Kinokasse muss Autor Thomas Hürlimann für seine Billette genauso anstehen wie der Statist Rolf Waeber. «Als Statist hat man unterschiedlich intensiven Kontakt mit den Hauptdarstellern», so Waeber. Von den Statistenbetreuern werde man angewiesen, die Schauspieler in Ruhe zu lassen. Mit Bruno Ganz habe er nicht gesprochen: «Er ist zurückhaltend und spricht kaum mit den Leuten am Set.» Andere seien sehr offen, so zum Beispiel Beat Schlatter. Diesen begrüsst Waeber sogar persönlich an der Premiere. «Als Statist hat man die Aufgabe, den Hintergrund des Geschehens möglichst natürlich und lebendig zu gestalten.» So sollen auch die Kostüme, die ein Statist übrigens in aller Regel selber mitbringen muss, möglichst unauffällig sein. Eine farbige Krawatte und ein gestreiftes Hemd, wie Waeber es heute trägt, käme kaum in Frage. Nicht des Geldes wegen «Statist ist man nicht des Geldes wegen», so Waeber. Ein Statist verdiene etwa 100 Franken pro Tag. Wenn er in Werbungen spiele, verdiene er bedeutend besser. Waeber mag die Stimmung am Set, das geschäftige Treiben und das Gefühl, einen Teil der grossen Filmwelt zu sein. «Natürlich hoffe ich, irgendwann entdeckt zu werden», gibt er zu und lacht. Manchmal komme man auch als Statist etwas von dem Scheinwerferlicht der Grossen ab. Doch meistens bestehe die Arbeit eines Statisten vor allem aus Warten. «Wenn dann alle bereit sind, ist die Sache oft in wenigen Minuten vorbei.» Als sich das Premierenpublikum endlich an seine Plätze begibt, ergreifen die Co-Produzenten Benito Müller und Claudia Wick das Wort. Rolf Waeber fühlt sich mit den beiden verbunden: «Auch wenn ich mit ihnen nicht viel zu tun hatte; es sind halt einfach die Bosse.» Dann öffnet sich der Vorhang und der Film beginnt. Waeber wartet ungeduldig auf «seine» Szene. Dann ist sie da: Gross erscheint sein Gesicht auf der Leinwand. Mehrmals und für längere Zeit. Nach der Vorstellung wird der Statist nicht ohne Stolz sagen, dass er nicht mit solchen Nahaufnahmen gerechnet habe.Annina Hasler>
Erstellt: 14.01.2010, 00:30 Uhr